Ein langes Wochenende...

25Sept2011

Es ist Donnerstag, der 22. September. Der erste Teil des Tages gestaltet sich ruhig. Mittags probieren wir zum ersten Mal die Münzwaschmaschinen aus, die sich im Keller befinden. Man muss zwei 100 Yen Münzen einwerfen, allerdings kommen diese sofort wieder heraus. Das Waschen war eine recht lustige Erfahrung, denn wir trauten der japanischen Waschmaschine nicht so richtig über den Weg. Japanische Waschmaschinen waschen kalt (weshalb man wohl alle Farben zusammenwerfen kann) und man steckt die Wäsche nicht von der Seite rein, sondern von oben. Der Waschvorgang dauerte nur 30 Minuten (die wir damit verbrachten der Waschmaschine misstrauisch zuzusehen und gelegentlich einen Blick herein zu werfen). Es scheint wohl alles sauber geworden zu sein, insofern kein weiterer Grund zur Sorge. Auch wenn wir Zweifel hatten. Der Trockner, in den wir unsere Wäsche anschließend steckten, war nicht ganz so erfolgreich. Komplett trocken war die Wäsche jedenfalls noch nicht.

Gegen Nachmittag bin ich mit Dodo zum Bahnhof gegangen um unseren Wochenendbesuch abzuholen. Leo kam gerade aus Toyohashi und bleibt bis Montag. Wir verbrachten den Nachmittag mit Quatschen. Für den Abend hatten wir jedoch interessantere Pläne. Da es Dodos Geburtstag war, würden wir abends erst einmal Okonomiyaki essen und danach etwas trinken gehen. Gegen 19 Uhr fanden wir uns in einem kleinen abgeranzten Okonomiyaki-Restaurant ein. Ursprünglich hatten wir in ein anderes Restaurant gehen wollen, waren allerdings vor der langen Warteschlange zurückgeschreckt und beschlossen daher lieber diesen kleinen Familienbetrieb zu beehren. Was soll's. Das Restaurant hatte irgendwie den typisch ur-japanischen Touch, der dem modernen Äquivalent sicherlich fehlt. Das Essen war in jedem Fall lecker. Nichts zu beklagen. Mein einziges Problem war, dass meine Augen mal wieder größere waren als mein Magen. Als wir fertig waren, beschlossen wir in die kleine „Trinkgasse“ zu gehen, die wir auf dem Weg gesehen hatten. Man muss es wirklich sehen, oder man kann es nicht in Worte fassen. Mitten zwischen den Häusern war eine überdachte kleine Gasse, die zu lauter kleinen „Bars“ (sicherlich nicht die richtige Bezeichnung in diesem Fall) führte.

Wir wurden mehr oder weniger herangewinkt von der Besitzerin einer dieser Bars. Wir saßen direkt am Tresen und hinter uns war direkt der Ausgang (die Schiebetüren). Ja, so eng war es. Wir machten schnell Kontakt mit einer Kanadierin und einem Australier, die neben uns saßen. Abgesehen von trinken, konnte man hier auch Karaoke singen (aber Achtung! pro gesungenen Song bezahlt man 200 Yen). Wir mischten trotzdem mit und sangen 3-4 Lieder, oder lauschten den eher depressiv klingenden Liedern, die ein Japaner ständig sang. Einige Zeit später kamen zwei neue Gäste dazu. Ein japanisches Paar aus Nagoya, mit denen wir ins Gespräch kamen und auch gemeinsam ein Liedchen trällerten. Man verstand sich gut und ehe wir uns versahen hieß es plötzlich: auf zum Karaoke! Mit 4 Deutschen, einer Kanadierin, einem Australier und zwei Japanern :D Die Kanadierin und der Australier konnten überhaupt kein Japanisch und die Japaner so gut wie kein Englisch (natürlich). Man könnte sagen wir waren eine Art Bindeglied. Es versprach ein amüsanter Abend zu werden. Schnell machten wir uns auf die Suche nach einer Karaoke-Bar, fragten Passanten. Da das japanische Paar aus Nagoya und nicht aus Kyôto stammte, wussten sie nämlich auch nicht wo die nächste Karaoke-Bar ist. Aber in Japan gibt’s diese Dinger wie Sand am Meer (und sie sind super beliebt für fast jedes Alter!), also alles kein Problem. Die erste Karaoke-Bar, die wir fanden, war schon voll und bei der nächsten mussten wir schließlich erst einmal 30 Minuten warten bevor wir ein Zimmer bekommen haben. Dann hieß es endlich singen. Ich hätte gerne die ganze Zeit japanische Lieder von meinen Lieblingskünstlern gesungen, aber leider kennen die Anderen diese Lieder nicht. Daher konnte ich nur zusammen mit der Japanerin, die diese Lieder natürlich kennt, ein paar Songs singen. Es gibt so viel was ich gerne singen würde… ich glaube ich muss irgendwann einmal allein zum Karaoke gehen XD Nach Mitternacht neigte sich der Abend allmählich dem Ende zu. Wir hatten zwei Stunden gesungen und Spaß gehabt, mit den Japanern unsere Nummern ausgetauscht und uns schließlich verabschiedet. Auch von unseren englischsprachigen Freunden verabschiedeten wir uns wenig später.

Für Freitag hatten wir Pläne. Es sollte nach Arashiyama gehen, wo wir uns den Bambuswald ansehen wollten. Bloß hätten wir ein wenig früher losfahren sollen, wie ich eigentlich sowieso vorgezogen hätte, aber dazu später mehr. Der Tag startete gemächlich wie die vorherigen auch. Gegen 13:30 Uhr versammelten wir uns endlich, trödelten allerdings noch etwas bevor wir losfuhren. Als erstes würde sich Leo noch ein Fahrrad leihen müssen, damit wir die nächsten Tage auf Rädern unterwegs sein konnten. Dieser Teil verlief erstaunlich gut. Im Anschluss machten wir uns endlich auf den langen Weg nach Arashiyama, ziemlich am westlichen Rand von Kyôto. Dodos Iphone leitete uns den Weg. Zu Fuß würde der Weg laut google fast zwei Stunden dauern, aber mit unseren Fahrrädern schätzen wir die Zeit zumindest um die Hälfte verkürzen zu können. Obwohl es nicht allzu heiß oder anstrengend war, war es trotzdem eine nervenreibende Fahrt. Den Weg haben wir mehr oder weniger gut gefunden. Aber die Straßen gegen Ende unserer Fahrt… auf solchen Straßen sollte niemand mit dem Fahrrad fahren, der nicht eines qualvollen Todes sterben will. Okay, so schlimm war es nun auch nicht. Gefährlich fand ich es aber doch irgendwie und nächstes Mal suchen wir uns sicher einen anderen Weg. Jedenfalls waren die Straßen wie immer sehr eng und es gab auch keinen richtigen Bürgersteig. Autos, Busse, Fahrradfahrer und Fußgänger erkämpften sich mehr oder weniger ihren Teil der Straße, um voran zu kommen. Nie wieder! Nachdem wir uns leicht abgekämpft hatten und unsere hungrigen Mägen nicht länger verleugnen konnten, entschlossen wir uns zu einer Essenpause in dem Pizzarestaurant, das sich plötzlich vor unseren Augen auftat. Rückblickend muss ich sagen wir hätten lieber erst später essen sollen, denn dann hätten wir es sicher noch in den Bambuswald oder Affenpark geschafft, bevor diese zugemacht haben. Aber was nicht ist, ist nicht. Es war trotzdem toll, das Essen war lecker und wir hatten unseren Spaß, indem wir diverse Zutaten (Parmesan, Honig, Tabasco…) auf unsere Pizzen schmierten.

Gestärkt machten wir uns gegen 17 Uhr wieder auf den Weg. Bald kam uns eine Traube an Fußgängern und Läden mit Souvenirs oder Essenständen entgegen. Eine große Brücke führte über einen Fluss. Auf der anderen Seite angekommen, stellten wir fest, dass der Affenpark nur bis 17 Uhr Einlass hatte. Mit dem Bambuswald sollte es sich wohl ebenso begeben. Als wir nach einigem Suchen an dem Tenryû-ji (天龍寺) Tempel ankamen, zu dessen Garten der Bambuswald gehört, war es ebenfalls bereits zu spät. Naja, dann eben ein andern Mal. Zumindest konnten wir ein paar Fotos von dem sonstigen Tempelgelände machen, bevor der Heimweg anstand.

Hier kamen wir an einem Supermarkt vorbei, dem wir spontan, da wir sowieso dringende Besorgungen hatten, einen Besuch abstatteten.

Die Fahrt kostete uns insgesamt sicherlich anderthalb Stunden. Nach so viel Fahrradfahren waren wir wohl einfach fix und fertig. Obwohl es gar nicht so extrem anstrengend war. Nachdem wir im Wohnheim angekommen waren, hatten wir trotzdem keine Muße mehr etwas Großartiges zu tun und so ging der Abend ruhig seinem Ende zu. Morgen heißt es früher aufstehen bzw. los fahren! ;-)

Die Nacht wendete sich dem Ende zu und Samstag, der 24. September, begann mit einer Fahrradtour. Heute hieß es auf zum Kinkaku-ji (金閣寺) Tempel, dem Goldenen Pavillon. Einer der berühmtesten Tempel Kyôtos bzw. ganz Japans. Nicht nur ein Reiseziel für ausländische Touristen, sondern auch sehr beliebt unter Japanern. Eine Reise nach Kyôto gehört für japanische Schüler sowieso dazu und dem Kinkaku-ji wird sicherlich ein Besuch abgestattet. Nach einer ca. 45-minütigen Fahrt mit dem Fahrrad, kamen wir an unserem Ziel an. Ein Schwall von Touristen kam uns bereits entgegen. Da es Samstag ist, war natürlich besonders viel los. Wir bezahlten 400 Yen Eintritt, erhielten eine Art Eintrittsschein und sahen kurz darauf das, was wir hatten sehen wollen. Den Kinkaku-ji! In echt ist er genauso schön wie auf den Bildern (und ich habe schon unzählige Bilder von diesem Tempelchen angeguckt, inklusive der täglichen Betrachtung des großen Posters vom Kinkakju-ji über meinem Bett XD). Ich habe so viele Fotos vom Kinkaku-ji gemacht, wie bisher von nichts anderem in Kyôto. Wirklich schön!

Für den Eintritt erhält man einen Rundgang. Der Kinkaku-ji ist gleich am Anfang, das Tempelgelände daneben verliert an Bedeutung. Später folgen noch diverse Stände zum Kauf von O-mamori (eine Art Talisman, meist in Form eines Stoffbeutels. Es gibt verschiedene O-mamori, die man zu verschiedenen Zwecken kaufen kann, z.B. solche für das Bestehen einer Prüfung, Sicherheit im Straßenverkehr, Glück, etc.) und O-miyage (Souvenirs).

Besonders lustig finde ich immer die kleinen Holztäfelchen, auf die man schreiben kann was man sich wünscht, und sie anschließend aufhängt. Vom Wunsch für Weltfrieden, über allgemeines Glück, bis hin zu auf dass der „Ehemann sich nicht entfernen mögen“, habe ich einige Holztäfelchen überflogen. Sehr amüsant war jedoch die folgende Tafel (Bild 2), auf der in etwa stand: „Auf dass ich den Jackpot in Las Vegas knacke und reich werde“ =DD

Nachdem wir das Gelände verlassen hatten, drehten wir noch eine kleine Runde in den weiteren O-miyage Shops, die überall an der zum Kinkaku-ji hinführenden Straße zu finden sind. Eine schreckliche Sache, denn zu oft sieht man etwas, das man doch noch kaufen will und es ist schwer sich zurückzuhalten. Das würden wir auch noch einige Zeit später in der Stadt zu spüren bekommen. Hier erst mal ein Foto von meinen Errungenschaften am Tempel. Die Eule soll angeblich Glück bringen. Außerdem habe ich ein O-mamori (rechts im Bild) gekauft, das Glück für die Familie bringen soll.

 

In die Innenstadt von Kyôto fuhren wir als nächstes. Obwohl wir dort schon öfter vorbei gekommen waren, haben wir ihr bisher nicht sonderlich viel Aufmerksamkeit zukommen lassen (können). Nach einer etwas längeren Fahrt, mit einem kurzen Abstecher an der Uni und in einem Gyûdon-Laden um Mittag zu essen, kamen wir endlich an und ließen unsere Fahrräder in einer kleinen Seitengasse stehen. Auf der Hauptstraße fanden wir dann schnell was wir gesucht hatten. Der Weg in eine überdachte Shoppinggasse. Die war echt toll und riesig! Mit vielen Geschäften, die größer waren als sie von außen eigentlich aussahen. In solchen Gassen gibt es hin und wieder sogar kleine Tempel und Schreine. Recht interessant! Wir schauten in ein paar Läden hier und da rein, haben aber längst nicht alles erkunden können.

Angekommen an einem großen Pachinko-Geschäft (diese Dinger findet man auch überall in Japan… viele Japaner sind einfach verrückt nach diesem Glücksspiel/Geldspielautomat), begaben wir uns in die obere Etage. Denn wir hatten einen Plan. Purikura machen!! In den meisten Pachinko-Hallen befinden sich auch Purikura-Automaten. Nach Purikura sind vor allem japanische Mädchen äußerst verrückt und auch ich muss sagen, dass es Spaß macht. Im Grunde genommen ist Purikura nichts anderes als ein Fotoautomat, an dem man gemeinsam Fotos macht.  Hier kann man bereits schöne Hintergründe und ähnliches auswählen, bevor man die Fotos schießt. Anschließend geht’s ans Verzieren. Es gibt einen großen Bildschirm und endlos viele Möglichkeiten die Fotos schön bunt, leuchtend, glitzernd, mit Herzchen und Blümchen, mit Text oder wie auch immer zu gestalten. Irgendwie kitschig und leicht lächerlich, aber es bringt definitiv gute Stimmung ;-) Aber Achtung, es gilt sich zu beeilen, da man für die Dekoration der Bilder nur begrenzt Zeit hat! Es war eine lustige, wenn auch leicht gehetzte (Zeitdruck!), Erfahrung und es wird definitiv nicht das letzte Mal gewesen sein, dass ich Purikura gemacht habe.

Gegen 18 Uhr machten wir uns dann endlich auf den Heimweg, da unsere Beine langsam anfingen weh zu tun. Doch wir haben längst nicht alles gesehen, daher beehren wir die Innenstadt sicher bald wieder (^-^).

Sonntag wurde ein ruhiger Tag. Da ab morgen die Uni startet, wollten wir es ruhig angehen lassen. Nur gegen Nachmittag fuhren wir zu Yodobashi, wo wir uns allerdings trennten für einzelne Einkäufe. Viel mehr ist nicht passiert, aber von morgen an werden wir sicher sehr beschäftigt sein und es wird bestimmt einiges zu berichten geben ;-)