Im Auge des Sturms

21Sept2011

Ein mehr als verregneter, trister Dienstagmorgen. Obwohl wir ursprünglich wie immer mit dem Fahrrad zur Uni hatten fahren wollen, entschlossen wir uns auf Grund des Wetters für die problemfreiere Variante und wollten das erste Mal die U-Bahn nehmen. Gesagt, getan. Von einigen unserer Mitbewohner brachten wir in Erfahrung wo die nächste U-Bahn Station ist und bis wohin wir fahren müssen. Dann machten wir uns, ausgerüstet mit Regenschirmen und heute zur Abwechslung einmal alle in langen Jeans gekleidet, auf in den strömenden Regen. Die Station fanden wir ohne weitere Probleme, aber wie zum Teufel kaufen wir jetzt das richtige Ticket!? Zu blöd um zu entschlüsseln wie viel wir für unsere Fahrt (nur vier Stationen) bezahlen müssen, quatschten wir direkt den nächsten Japaner an. Dieser mühte sich ab uns auf Englisch zu antworten (obwohl wir auf Japanisch gefragt hatten…) Aber immerhin, schließlich stellte sich heraus wie einfach es war und wir kauften schnell unsere Tickets. Auf dem Gleis angekommen, ratterten wir ins nächste Problem und mussten eine weitere Japanerin bequatschen was denn nun das richtige Gleis nach Imadegawa (so heißt unser Uni-Campus bzw. auch die U-Bahn Station) sei. Die Kyôtoer U-Bahn sieht nicht sonderlich schick aus. Genau wie in Deutschland. In Tôkyô mag das anders sein.

Schließlich kamen wir am Campus an und erkundigten uns erst einmal über die Einteilung in die Klassen und die Auslosung der Kurse. Natürlich bin ich nicht in den Kurs gekommen, für den ich mich vorher angemeldet hatte (>-<). Auch die Klassenverteilung ist nicht wirklich grandioser gelaufen, aber mal sehen wie das so wird. Es zeichnete sich schon früh ab, dass dies wieder ein Tag organisatorischer Natur werden würde. Da wir alle wenig Lust hatten am Mittwoch noch einmal in die Uni zu fahren, wollten wir alles am Dienstag erledigen. Also hieß es nichts wie ab zum Gesundheitscheck! Den müssen nämlich alle ausländischen Studenten über sich ergehen lassen (die Japaner aber auch). War allerdings alles weniger schlimm als erwartet. Eigentlich haben wir uns nur Röntgen lassen müssen. Nicht mal mehr Blut- oder Urinabgaben mussten wir machen. Die Wartezeit wurde durch die netten japanischen Arzthelferinnen recht amüsant gestaltet. Ich glaube sie haben versucht die Atmosphäre aufzulockern, indem sie viel mit uns geredet haben.

Im Anschluss füllten wir endlich die Zettel für unsere ach so verwirrende Kursregistrierung aus. Richtig zufrieden bin ich mit meinem Stundenplan nicht, aber das habe ich bereits erwartet. Ich hoffe nächstes Semester wird es besser. Dann kenne ich mich auch schon besser hier mit den Abläufen in der Uni aus und kann besser Japanisch =) Wir gaben unsere Kurswahl und weitere Dokumente ab, stellten hundert wichtige Fragen, gaben unsere Handynummern ans International Office weiter, usw. Es gab einiges zu erledigen. Nicht zu vergessen, dass wir der Bank einen weiteren Besuch zukommen ließen. Einerseits wollte Jana nun auch ein Konto eröffnen, andererseits mussten wir dort sowieso noch einmal hin. Denn auch die Bank wollte unbedingt, sobald wir ein Handy haben, unsere Telefonnummern wissen (letzten Freitag hatten wir vorsorglich nur die Nummer des International Office der Uni angegeben). Kaum war das erledigt statteten wir Yodobashi Kamera einen weiteren Besuch ab, auch hier um noch einige Modalitäten mit Softbank-Angestellten abzuklären, und um uns einen Regenponcho zu kaufen. Bei diesem Sauwetter mehr als nötig! Ich habe nicht einmal eine Regenjacke dabei… Nach diesem stressigen Tag gönnten wir uns auch noch was. Jana einen Frapuccino bei Starbucks und Dodo und ich jeweils ein leckeres Eis (der teure Eis-Laden hatte gerade heruntergesetzte Preise) =D

Zu regnen hatte es den ganzen Tag kein bisschen aufgehört. Auch abends nicht, auch nachts nicht. Und für Mittwoch war ein Taifun angesagt. Dienstagabend erhielt ich sogar noch eine E-Mail von der Dôshisha, die mitteilte, dass falls es eine Sturmwarnung gebe, man auf keinen Fall zur Uni kommen solle. Nun gut, da ich bereits alles erledigt hatte, würde ich sowieso für den Rest der Woche nicht mehr dort hingehen müssen. Meine Pläne für Mittwoch sahen es folglich vor daheim zu bleiben und endlich mein Zimmer etwas auf Vordermann zu bringen.

Mittwoch, der 21. September. Ich wache auf. Es regnet. Der Himmel ist düster. Es regnet und regnet den ganzen Morgen, Vormittag und Mittag. Ich putze mein Zimmer und beschäftige mich einmal mehr mit der Benutzung meines Iphones. Gegen Nachmittag hört es auf zu regnen, aber ich kann die dunklen Wolken zahlreich am Horizont sehen. Der Himmel wirkt leicht bedrohlich. Ich habe den ganzen Tag keine Nachrichten gelesen oder gehört, jedoch schrieb mir meine Mutter es sei über den Taifun in Japan berichtet worden und ob ich etwas gemerkt hätte. Nein, das habe ich nicht wirklich. Ich war in meinem Zimmer. Am späten Nachmittag machte ich mich jedoch gemeinsam mit Dodo auf, um einen kleinen Spaziergang zu unternehmen. Den ganzen Tag drinnen zu sitzen wurde irgendwie langweilig. Wir gingen ein paar Runden um die Häuser, in eine Richtung in die wir noch nicht zuvor gegangen waren. Ich habe hier und da ein Foto von den Gassen gemacht. Am Himmel sah man nach wie vor graue Wolken und ich hatte zur Sicherheit meinen Regenschirm mitgenommen. Allerdings regnete es nicht. Und auch jetzt regnet es nicht. Als langsam die Dämmerung anbrach (es ist hier immer schon stockduster gegen 18:30 Uhr), gingen wir allmählich zurück ins Wohnheim. Von Dodo habe ich gehört, dass auf Grund des Taifuns schon Menschen gestorben seien sollen. Eben im Internet habe ich auch darüber gelesen. Eine bekannte Japanerin aus Tôkyô hat mir geschrieben, dass um ihr Haus herum der Wind derzeit extrem laut ist. Für Honshû (eine der vier japanischen Hauptinseln, auf der ich mich befinde) besteht wohl die Gefahr von Überschwemmungen, Sturm und heftigen Regenfällen. Die Webseite der japanischen Wetterbehörde verzeichnet jede Menge Warnungen. Ob auch wir in Kyôto heute eine stürmische Nacht zu erwarten haben, weiß ich nicht genau. Ich möchte hoffen der Großteil des Regens ist gefallen und dass wir nicht mit allzu starken Böen und Wind zu rechnen haben. Aber super, mein Iphone sagt mir für morgen wieder Regen an... Hoffentlich wird es nicht allzu schlimm. Ab morgen bekommen wir Besuch von einer anderen Kommilitonin aus Frankfurt, die für ein Jahr als Au-Pair in Japan ist. Außerdem ist morgen Dodos Geburtstag und wir wollen abends alle gemeinsam Okonomiyaki essen gehen (^-^). Ich freue mich schon! Aber jetzt wollen wir erst mal den Abend ausklingen lassen und – notgedrungen – nachher ein bisschen Stadt-Land-Fluss spielen. Leider haben wir nämlich überhaupt keine Kartenspiele dabei, also muss man sich anders Abhilfe schaffen ;-)